Der Regenschirm ist das geradezu klischeehafte Gentleman-Accessoire. So wie der Bowler. Doch im Gegensatz zum steifen Hut ist das klappbare Regendach auch heute und hier verwendbar.
So englisch der Stockschirm wirkt, die meisten handgefertigten Modelle stammen heute nicht mehr von der Insel. Italien ist heute eines der letzten Lieferländer dieser Spezialität. Doch auch dort ist die Zahl der Lieferanten stark geschrumpft. Einer davon ist die Fabbrica Ombrelli Maglia Francesco, ein 1854 gegründetes Familienunternehmen. Jeder Schirm wird dort einzeln gefertigt. Zuerst wird das Schnittmuster auf den Stoff übertragen, danach schneidet eine Schirmmacherin jedes Segment des Bezugs einzeln zu. Anschließend wird der Bezug mit Nadel und Faden mit dem Gestänge verbunden. Das wiederum wird auf einen durchgehenden Stock geschoben und befestigt. Das Stocklager wird laufend mit Lieferungen aus Italien und Deutschland aufgefüllt. Ahorn, Walnuss und Apfel stammen beispielsweise aus Bad Sooden-Allendorf im Hessischen. Die Auswahl an Bezugsstoffen ist umfangreich, sie enthält neben dem traditionellen Schwarz für den angelsächsischen Markt auch diverse Farben und Dessins: Nadelstreifen, Glenchecks, Tartans, Hahnentritt, Fischgrat aus Baumwolle, Polyester und Polyamid oder Gemischen aus Natur- und Kunstfaser.
Die bekanntesten britischen Firmen sind Brigg und Fox, letztere kann immerhin die Erfindung des Gestänges mit U-Profil für sich reklamieren. Dieses Gestänge, die Briten sagen dazu „frame“, wird bei Fox nicht auf einen massiven Holzstock montiert, sondern auf einen dünnen Metallstab. Das spart Gewicht und der Schirm lässt sich enger zusammenrollen. Trotz dieser Innovation gilt Brigg als der Primus inter Pares unter den britischen Schirmmachern, nicht zuletzt wegen seiner Historie: 1836 in der St. James’s Street gegründet, seit 1943 in Allianz mit dem 1750 etablierten Sattler Swaine Adeney.
Etwas anderes als eines dieser beiden heimischen Fabrikate würde kein englischer Gentleman zur Hand nehmen, jedenfalls nicht bewusst. Denn Maglia-Schirme haben längst den Weg in die vornehmsten Shoppingadressen der Briten gefunden. James Smith & Sons in London wird ebenso beliefert wie die Traditionsausstatter Cording’s, Gieves & Hawkes und Ede & Ravenscroft. Auch bei Fortnum & Mason und Harrod’s gibt es Schirme Made in Italy.
Der deutsche Beitrag zur Schirmhistorie lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Knirps. In den zwanziger Jahren in Breslau von Hans Haupt erfunden, 1930 mit Reichspatent versehen und seit 1932 in Solingen gefertigt. Satte 95 Prozent Bekanntheit kann die Marke laut Wickert-Studie vorweisen, damit ist sie hierzulande so geläufig wie Persil oder Marlboro. Wie so viele Produkte aus Deutschland ist der berühmte Taschenschirm sehr praktisch, elegant jedoch nicht.
Zweisamkeit unterm Regenschirm
Wer sich überwiegend mit dem Auto von A nach B bewegt, wird selten Verwendung für den Regenschirm haben. Dennoch kann es ratsam sein, einen Stockschirm mitzuführen. Kaum etwas wirkt galanter, als einer Dame, die man abholt, bei Regen mit dem Schirm entgegen zu gehen und sie beim Ein- und Aussteigen vor dem Niederschlag zu beschützen. Schirm und Gentleman, das gehört immer noch zusammen.
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