Die Geschichte der Mode kennt viele Lösungen für das Problem rutschender Hosen. Im 16. Jahrhundert band man das Beinkleid einfach an das Wams. Im 17. Jahrhundert befestigte man es dort mittels kleiner Haken oder verschnürte es wie ein Mieder rückwärtig in Taillenhöhe. Erst als gegen Ende des 18. Jahrhunderts sehr hohe, fast bis an die Brust heranreichende Hosen in Mode kamen, entdeckte man die vorteilhaften Eigenschaften der Hosenträger. Dennoch sollte ihre große Zeit erst mit dem 19. Jahrhundert anbrechen, als die Schneider erkannten, dass eine Hose nur dann perfekt sitzt, wenn sie hängt – an Hosenträgern.
Bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts blieb die führende Stellung der Hosenträger unangefochten. In ästhetischer Hinsicht gab es an ihnen wenig auszusetzen, zumal sie ohnehin nur selten zum Vorschein kamen. Ein Herr hätte in Gegenwart von Damen niemals freiwillig Rock und Weste abgelegt, die Hosenträger waren also so unsichtbar wie die Halter der Strümpfe. Erst als – beeinflusst durch die amerikanische Mode – in den zwanziger und dreißiger Jahren die Herrenkleidung insgesamt lockerer wurde, musste man die Aufhängung der Hose neu überdenken.
Prinz Edward, der spätere Duke of Windsor, bemängelte die mangelnde Kleidsamkeit der Hosenträger, er trug stets einen Gürtel. Die Mehrheit der Männer blieb jedoch den Hosenträgern treu, vor allem beim Anzug. Ob kleidsam oder nicht war unerheblich, ein Herr bewegte sich in der Öffentlichkeit selten hemdsärmelig. Als Sportarten wie Golf oder Tennis jedoch immer beliebter wurden – und damit auch das dabei getragene, legere Outfit – gewann der Gürtel an Boden. Allerdings waren auch Hosen mit Seitenschnallen und Dehnbund beliebt, beide Varianten machten Hosenträger und Gürtel überflüssig.
Auch heute können wir unter diesen drei Optionen wählen: Hosenträger, Gürtel oder selbst tragende Hose (von Englisch: self-supporting). Letztere hat entweder Gummizüge rechts und links der seitlichen Hosennaht oder verfügt über Stofflaschen und Schnallen, die den Bund verengen oder erweitern. Die Entscheidung Gefühls- und Geschmackssache. Wer sich mit dem Look der Savile Row identifiziert, wird gern Hosenträger oder Seitenschnallen tragen, Anhänger des italienischen Stils ziehen den Gürtel vor. Wobei es auch südlich der Alpen viele Anhänger der Hosenträger gibt. Im modischen Bereich werden dabei oft die eher unansehnlichen Modelle zum anclipsen verwendet. Kenner bevorzugen natürlich die klassischen braces, die an Knöpfen befestigt werden, zum Beispiel von Albert Thurston.
Eins steht allerdings fest: Allein Hosenträger sind in der Lage, die Hose ständig in der richtigen Position zu halten. Ein Gürtel funktioniert nur, wenn man über eine ausgeprägte schmale Taille verfügt. An den Seiten verstellbare Hosen erübrigen zwar den Gürtel, bieten aber nicht immer Sicherheit gegen eventuelles Herunterrutschen. Selbst der beste Maßschneider kann keine Wunder vollbringen und an einem runden Bauch eine Hose mit Hilfe eines Gürtels unverrückbar fixieren.
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