Nachdem die Amerikaner schon seit einigen Jahren mit Wolkenkratzern für Aufsehen sorgten, erfasste diese Faszination in den 1920er-Jahren auch das damals „Rote Wien“. Die Partei ließ sogenannte „Volkswohnungspaläste“ bauen, die dem Vorbild aus den USA schon recht nahe kamen. Darunter auch Hubert Gessners Reumannhof am südlichen Gürtel, der ursprünglich sechzehn Stockwerke im mittleren Teil haben sollte. Aus Kostengründen wurden diese dann aber auf nur acht Etagen reduziert.
Das erste bewohnbare Hochhaus Wiens folgte zehn Jahre später mit dem Hochhaus Herrengasse im 1. Wiener Gemeindebezirk. Die Architekten Siegfried Theiss und Hans Jaksch errichteten das umstrittene Bauwerk auf dem ehemaligen Bauplatz des Palais Lichtenstein. Umstritten deshalb, weil der Plan, in der Nähe des Stephansdoms ein Hochhaus zu errichten, manchen missfiel. Der Architekt Albert Linschütz rief sogar zum Widerstand gegen den Bau auf und erhielt unter anderem Unterstützung von Josef Frank, der ebenfalls Bedenken wegen des Stadtbilds hatte. Anderen wiederum war das Hochhaus Herrengasse sogar noch zu niedrig und die Zeitungen nannten es zum Teil scherzhaft „Hochhäuserl“. Oskar Strnad etwa forderte einen mindestens 200 Meter hohen Wolkenkratzer. Dabei wird für ein Hochhaus, gemäß der Bauordnung von Wien, noch heute lediglich eine unübliche Mindesthöhe von 35 Metern vorgeschrieben.
Nichtsdestotrotz galt das Gebäude mit insgesamt 16 Stockwerken Jahrzehnte lang als *das* Wiener Hochhaus, mit Künstlerwohnungen und Aussichtscafé auf den oberen drei Etagen. Diese wurden Ende der 60er-Jahre allerdings zu Wohnungen umgewandelt.
Den Bau hatte ursprünglich zwar der Staat gefördert, die Mieten waren dennoch teuer. So wurde das Hochhaus zu einer noblen Wohnadresse für Schauspieler, Künstler und Gentlemen, wie Otto Tressler, Hans Jaray und auch Christoph Waltz. Extremrennfahrer und Gentleman Christoph Strasser mag im Hochhaus Herrengasse zwar nicht residieren, passt im edlen Anzug aber hervorragend dazu.
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