Schon als wir noch klein waren, hat man uns immer wieder eingebläut, wie wichtig es ist, ordentlich zu grüßen. Eine adäquate Begrüßung eröffnet schließlich so ziemlich jede soziale Interaktion. Egal, ob es sich nun um ein Treffen mit Freund·innen oder mit Geschäftspartner·innen handelt: wer dem Anlass und der Kultur entsprechend zu grüßen weiß, hat schonmal einen Stein im Brett. Doch die Zeiten haben sich geändert – Händeschütteln und Bussi-Bussi sind als Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale nunmehr in die Prä-Pandemiezeit verdammt. Doch wie grüßt man jetzt richtig?
Warum wir Händeschütteln…
Andere Kulturen, andere Sitten: dass man sich in anderen Ländern oft komplett anders begrüßt, ist bekannt. Aber der Blick in die Geschichtsbücher verrät, dass auch hierzulande Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale immer schon einem Wandel unterworfen waren. So ist beispielsweise der Handkuss schon länger aus der Mode gekommen, obwohl noch 1969 ein Handkuss-Foto das Cover des beliebten Benimmregelwerks “Der Elmayer” zierte. “Der Handkuss ist ein Erbe aus dem einstigen Hofzeremoniell, viel gescholten und doch noch immer ein Merkmal feiner Umgangsformen”, hieß es da.
Was vor nicht allzu langer Zeit oft als Ehrerbietung einer Dame gegenüber galt, war ursprünglich ein Zeichen der Unterwerfung einer Obrigkeit gegenüber. Schon im Römischen Reich kannte man das Händeschütteln. Es war ein Symbol der Gleichheit und der Verbundenheit. Damit wurde aber auch ein Rechtsgeschäft besiegelt – und gezeigt, dass man unbewaffnet ist. Wangenküsse, die ursprünglich einander sehr vertrauten Personen vorbehalten waren, schafften ebenfalls ihren Weg aufs Gesellschaftsparkett.
… und warum wir es künftig nicht mehr tun
Dass Händeschütteln unhygienisch ist, weiß man seit allerspätestens 2007. Denn damals erschien eine Übersichtsstudie, nach der Händeschütteln neben dem Kontakt mit verunreinigten Oberflächen der wichtigste Übertragungsweg vieler Infektionen ist. Dazu gehören Erkältungen ebenso wie Magen-Darm-Erkrankungen. Und nicht zuletzt das Coronavirus. Wer auf das Händeschütteln verzichtet, gilt – anders als noch vor wenigen Monaten – nicht mehr als unhöflich, sondern als verantwortungsvoll. Selbiges gilt für andere Begrüßungsformen, die Körperkontakt erfordern. Aber trotzdem will man sich begrüßen und die Form wahren. Was also tun?
Wie grüßt man jetzt?
Im Freundeskreis haben sich wahrscheinlich schon längst Fistbumps oder Klingonen-Grüß oder ein formloses “Hi” und Nicken als adäquate Begrüßungsform etabliert. Doch was tut man, wenn die Zeiten des Dauerhomeoffices vorbei sind und “Können Sie mich alle hören?” nicht mehr als angemessene Einstiegsfloskel gilt? Wir raten dazu, sich am Bundespräsidenten zu orientieren. Denn was für einen Staatsmann angemessen ist, ist es auch für uns. Dieser ist dazu übergegangen, die asiatische Verneigung anzuwenden. Dabei müssen Sie sich aber nicht wie ein Yogi die Bandscheibe ausrenken und mit der Nase die Knie berühren. Ein Knicks, Diener oder Kratzfuß sind ebenfalls zu viel des Guten.
Die richtige formelle Begrüßung geht jetzt so: Stellen Sie sich der zu begrüßenden Person gegenüber, die Füße stehen parallel zueinander und berühren sich. Blicken Sie Ihrem Gegenüber in die Augen, halten Sie den Blick und neigen Sie den Oberkörper leicht nach vorne. Mehr als ein paar Grad müssen es nicht sein. Sie sind schließlich kein Schauspieler, der sich vor Publikum verneigt. Doch was machen die Hände in der Zwischenzeit? Sie können die Handflächen an die Außenseiten Ihrer Oberschenkel legen, sie vor der Brust aneinanderlegen oder die rechte Hand während der Verneigung auf die Brust legen, so als würden Sie sich kurz ans Herz fassen. Unser Bundespräsident wählt übrigens meist die Variante 2.
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