Wer in den warmen Monaten einmal nach Italien, hier bevorzugt nach Mailand, gereist ist, wird selbst bei Temperaturen jenseits der 30 Grad bestens angezogene Herren erblicken. Die Oberbekleidung besteht im Sommer eben nicht im bedruckten T-Shirt oder dem in Österreich unausrottbaren Kurzarmhemd, sondern in einem komplett und wie selbstverständlich getragenen Anzug nebst Krawatte. Ein Plädoyer für den Sommeranzug.
In Österreich sieht man derlei nur selten. Hierzulande wechseln sich aufgekrempelte Ärmel und ebenso locker wie offensichtlich als störend empfunden über die Schulter geworfene Ganzjahres-Jacketts mit luftigen Übergrößen von T- und Polo-Shirts ab. Krawatten weichen bestenfalls den gerade trendigen Sommerschals, und was im Strumpf- und Schuhbereich passiert, kann nur verschwiegen ertragen werden.
Ein Sommeranzug erscheint da als die ultimative Umsetzung von persönlichem Stil. Sagt einem doch der Instinkt, bei hohen Temperaturen nicht mehr als nötig anzuziehen, ist das Tragen von Hemd und Jackett sicher nur für diejenigen empfehlenswert, die tatsächlich ihren Stil darin sehen, ganzjährig korrekt gekleidet zu sein.
Üblicherweise wird man den Leinenanzug als Sommeranzug bezeichnen. Ein solcher wirkt stets sportlich und irgendwie mediterran, lässt sich ebenso leger wie elegant tragen, knittert aber bekanntlich „edel“. Damit fällt er im Grunde im Businessalltag ebenso wie auf Reisen aus, denn der Grat zwischen Edelknitter und schlichter Unansehnlichkeit ist nur schmal.
An zweiter Stelle ist der Baumwollanzug als Sommeranzug zu nennen, dessen Neigung zum Beulen und Verformen nebst so gar nicht edlem Knittern allerdings nicht jedem zusagt. Die aktuelle Entwicklung auf dem Stoffmarkt hat das bisherige Alleinstellungsmerkmal der Baumwollstoffe gebrochen, der einzig farbige Rohstoff für einen Anzug zu sein. Tatsächlich sind farbige Anzüge seit dieser Saison im Kommen.
Zum Dritten kann ein entsprechend verarbeiteter Schurwollanzug als Sommeranzug dienen. Die großen Stoffweber bieten in der aktuellen Kollektionsauswahl Qualitäten an, die so leicht sind, dass sie den Hitzestau unter dem Sakko vergessen machen. Fast glaubt man, die Stoffe wirken kühlend.
Das Jackett eines Sommeranzuges sollte maximal halb gefüttert sein, es empfiehlt sich sogar, das Futter aus Seide anfertigen zu lassen. Das Tragegefühl eines solchen Sakkos ähnelt sehr dem einen etwas zu großem Hemd. Je nach Stoff spürt man sogar nur noch den Hauch eines Kleidungsstückes.
Natürlich muss man es mögen (oder trainieren), auch bei Höchsttemperaturen geschlossene Manschetten an langen Ärmeln und darüber ein Sakko zu tragen. Da kann natürlich auch der bestausgestattete Herr feuchtwarm zumute werden. Zugegebenermaßen gibt keinen lebenswichtigen Grund, auch im Sommer stets korrekt und elegant gekleidet zu sein. Tut man es aber doch, fühlt man sich fraglos wie ein Gentleman.
Probieren sie es einfach mal aus.
Foto: © www.stefanjoham.com
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